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Key Learnings

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wird ein CEO in seiner Laufbahn mindestens einmal mit einer Transformation konfrontiert werden. Die Frage ist also nicht ob, sondern wann diese Herausforderung ins Leben tritt. Wie kann sich ein CEO dafür rüsten? Was können Transformationsunerfahrene von den "alten Hasen" lernen?

Als matchentscheidend erachtet das Topmanagement unserer Stichprobe drei Elemente, um einen Transformationsprozess erfolgreich zu meistern:

  1. eine zugkräftige Unternehmensvision (17 %),
  2. erfolgreiche Kommunikation (15 %) und
  3. Führungskompetenzen (13 %).

Diese Inhalte werden weit vor business-orientierten Themen wie Strategieentwicklung (5 %), Projektmanagement (4 %) oder der Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschäftsmodell (2 %) eingestuft. In Zeiten von Unsicherheit und Wandel scheinen innere Orientierung und Energie unter den Mitarbeitenden besonders entscheidend für unternehmerische Weiterentwicklung. 
Die gemeinsamen Unternehmenswerte (11 %), die an vierter Stelle auftauchen, vermögen hier – neben der Unternehmensvision – wichtige orientierungsstiftende Leitplanken zu setzen und Stabilität sowie eine gewisse Berechenbarkeit zu bieten. Auch die Eigenverantwortung der Beteiligten (8 %) sowie die Strategieumsetzung (8 %) werden als relevante Aspekte genannt. Der internen Feedbackkultur (4 %), Beziehungsgestaltung (4 %), Teamentwicklung (4 %) und Selbsterkenntnis (3 %) kommen kleinere Rollen zu. 
Schließlich runden Diversity (2 %) und interkulturelle Kompetenzen (1 %) die Liste ab. Insgesamt sind es also nicht die sachlich plan- und bezifferbaren Inhalte (21 %), die in erster Instanz über Erfolg oder Misserfolg einer Transformation entscheiden, sondern vielmehr die weniger greifbaren oder konkret messbaren zwischenmenschlichen und visionären Faktoren (79 %).

Zu überraschen vermag daher das Ergebnis, dass auch die Beziehungsgestaltung auf den hinteren Plätzen rangiert. Möglicherweise lässt sich das mit der häufigen (und irrtümlichen) Entkoppelung von Kommunikation und Beziehungsgestaltung erklären. Oftmals verfallen Menschen der Illusion, dass erfolgreiche Kommunikation besonders von intelligenten Inhalten abhängt. Vernachlässigt wird dabei die entschieden bedeutsamere Wirkung von vertrauensvollen Beziehungen. Traut man seinem Gegenüber nicht, so kann der- oder diejenige noch so präzise und treffende Argumente nennen, innerlich wird man sich gegen die Inhalte stemmen oder sich nur zögerlich fügen. Kommunikation ist stets ein sozialer Prozess und im Hinblick auf ihre Wirksamkeit eine Qualitätsaussage über das vorhandene Vertrauen zwischen den Gesprächsparteien. Dies gilt auch und gerade für Transformationsprozesse, während derer viel Unsicherheit und damit potenziell Misstrauen im System besteht. Was gesagt wird, wird erst aufgenommen, wenn das wer und wie akzeptiert ist. Theodore Roosevelt sagte so schön: "People don’t care how much you know, until they know how much you care".

Als weitere relevante Aspekte werden in den offenen Kommentaren die Reflexionen und Reviews unter peers und überhaupt ein Problembewusstsein sowie die Auseinandersetzungsbereitschaft mit dem Thema Wandel genannt. Eine Transformation ist keine Image-Politur, sondern eine tiefgreifende Angelegenheit, die an die Substanz/Essenz des Unternehmens geht. Ein regelmäßiger Blick in den Spiegel ist unumgänglich, nicht nur für das oberste Kader. Schließlich ist echtes Commitment gefragt, welches die Involvierten durch Zweifel, Widerstände und das Tal der Tränen trägt: Die Transformation muss eine Herzensangelegenheit sein.

Die eigene Erfahrung ist der beste Lehrmeister

Wie sind die befragten CEOs zu ihrer Kompetenz in Sachen Transformation gelangt? Über ein Viertel der Befragten ist sich einig, dass eigene Erfahrungen mit Transformationsprojekten (29 %) sowie der Erfahrungsaustausch mit Kollegen (27 %) am bedeutendsten sind. Es folgt die Inanspruchnahme externer Beratung (15 %) sowie ein persönliches Coaching (12 %) während des Prozesses. Schließlich werden fachliche Unterstützung mittels Ausbildungen (10 %), Mentoring (5 %) und spezifische externe Trainings (2 %) genannt. Vielmehr als Verfügungswissen oder fachliche Kenntnisse sind hier ein ergebnisoffener Austausch und die persönliche Begleitung durch den Prozess für das Topmanagement von Bedeutung.

Persönliche Learnings

Was genau haben die CEOs aus ihrer Erfahrung mit vergangenen Transformationsprozessen gelernt und für sich mitgenommen? Die zwei mit Abstand wichtigsten Erkenntnisse waren:

  1. die Bedeutsamkeit eines proaktiven, hierarchieübergreifenden Einbeziehens und Einschwörens von betroffenen Mitarbeitenden, Führungskräften und Stakeholdern (39 Nennungen) sowie 
  2. die Zentralität (2) einer authentischen, fortlaufenden internen Kommunikation von aktuellen Geschehnissen und Verfehlungen während des ganzen Prozesses (35 Nennungen).

Diese beiden Learnings heben die Relevanz von tragfähigen Beziehungen erneut hervor: Eine erfolgreiche Transformation hängt in hohem Maße von der Qualität der Zusammenarbeit und dem Vertrauensverhältnis ab. Nur wenn die betroffenen Menschen in Zeiten von sachlogischer Unsicherheit zusammenhalten und füreinander einstehen, gelingt dieses ambitionierte Unterfangen. Michael Rohner, CEO Apleona HSG AG, bringt es auf den Punkt:

Sie müssen den Menschen ein Zuhause bieten, das heißt, in die Arbeitsplätze und die Kultur investieren.

Michael Rohner
CEO Apleona HSG AG

Als weitere Einsichten im Nachgang nennen die Befragten die hohe Relevanz eines fokussierten, zugkräftigen Zielbildes (22 Nennungen), die unterschätzte Prozessdauer aufgrund der Trägheit des Systems (17 Nennungen) sowie die große Wirkkraft der Vorbildfunktion ("walk the talk") und der bedingungslosen, nicht zu zerrüttenden Einigkeit der obersten Führungsriegen (17 Nennungen). Dicht darauf folgen insbesondere bei Widerstand notwendiger Mut und Beharrlichkeit in der Umsetzung (15 Nennungen). Abgerundet wird die Liste der Learnings - allerdings mit deutlichem Abstand - von der erkannten Notwendigkeit eines transparenten Erwartungsmanagements (5 Nennungen), von Flexibilität (2 Nennungen) und einem klaren "sense of urgency" (2 Nennungen).